Multiresistente Keime und BARF

Barf-Gut - Geschrieben am 21.10.2019

In den letzten Tagen hatte man den Eindruck, dass die Untersuchung des Lebensmittelinstituts der Uni Zürich, bei der in BARF-Menüs multiresistente Keime / Salmonellen nachgewiesen wurden, überall präsent ist. Mich haben in den letzten drei Tagen sehr viele verunsicherte E-Nachrichten dazu erreicht.


Wohin man schaut, die Diskussion wird von gefühlt jedem aufgegriffen, was aber eher für mehr Verunsicherung sorgt, als dass es hilfreich wäre.


Kurz zur Faktenlage:

Eine Untersuchung der Uni Zürich von 51 Proben fertig zusammen gestellter BARF-Menüs (z.T. mit Gemüse / Obst) ergab, dass in 3,9% der Fälle Salmonellen nachgewiesen wurden, in 62,7% der Fälle (das sind entweder 31 oder 32 Proben) unterschiedliche Bakterien, die gegen die typischen Breitband-Antibiotika resistent sind. Davon 2 Stämme, die auch gegen Reserve-Antibiotika resistent sind.


Für die Untersuchungen wurden 47 Menüs in 6 verschiedenen Städten oder im Internet in einem Radius von 300 km um das untersuchende Labor gekauft, 4 Proben stammten aus einem Schweizer Betrieb, der entsprechende Ware produziert. Die Proben wurden gefrostet gekauft und bei 4 Grad Celsius aufgetaut, um dann untersucht zu werden. Als Beleg für die Bedrohlichkeit dieser Ergebnisse wird im Text der Studie ausgeführt, dass gerade in den USA in den letzten Jahren gravierenden Salmonellen-Infektionen, ausgehend von Tiernahrung, aufgetreten seien.



Bevor man jetzt aber in Panik verfällt, sollte man sich den letzten Teil der Veröffentlichung durchlesen. Hier gibt es mehrere bemerkenswerte Sätze, die die Ergebnisse relativieren.


Zum einen: Das Institut stellt abschließend fest, dass die Datenlage dazu aus anderen Ländern dünn ist und keine abschließende Bewertung erlaubt, aber in den Niederlanden eine kürzliche Untersuchung vergleichbarer Produkte eine geringere Verkeimungsrate mit multiresistenten Keimen aufwies.
Zudem wird der Hinweis ergänzt, dass es in den USA keine flächendeckenden Kontrollen zur Futtermittelhygiene im Heimtierbereich gibt. (Erläuterung dazu: Die einzelnen Bundesstaaten haben voneinander abweichende Vorschriften dazu, die zu Teil sehr lasch sind - deswegen gibt es in den USA sehr viel öfter verunreinigtes Hund- und Katzenfutter und entsprechend dazu gehäuft Sammel-Schadensersatzklagen.)

Es geht im Text noch weiter: Die geringe Anzahl der Proben sei ebenfalls ein Grund, warum die Untersuchung kein abschließendes Ergebnis zu der grundsätzlichen Belastung mit multiresistenten Keimen in der Rohfütterung zulasse. Außerdem wurde nur eine Probe aus der gesamten Charge untersucht, was wiederum dazu führt, dass keine grundsätzliche Aussage zu einer Charge getroffen werden kann.


Man muss zur Interpretation auch sagen, dass z.B. die Niederlande generell auch in Krankenhäusern zur Eindämmung von MRSA sehr strenge Hygieneprotokolle entwickelt haben, seitdem geht die Zahl der MRSA-Fälle dort kontinuierlich zurück.



Und, was gänzlich unerwähnt bleibt, zur Risikoeinschätzung aber eigentlich notwendig wäre: In Fleischproben aus dem Lebensmittelhandel wurden schon mehrmals multiresistente Keime gefunden. Zum einen zeigt sich dabei, dass dies kein Problem ist, dass nur BARF betrifft - eher im Gegenteil, denn es dürften deutlich mehr Menschen ihr Fleisch im Supermarkt kaufen als es gebarfte Hunde oder Katzen in Deutschland / in der Schweiz gibt. Erst im April wurde bekannt, dass bei Laboruntersuchungen von Hähnchenfleisch aus Supermärkten / Discountern bei 56% aller Proben eine Belastung mit multiresistenten Keimen festgestellt wurde, jede dritte davon eine wiesen Verkeimung mit Bakterien auf, gegen die auch Reserveantibiotika nichts ausrichten können. ( https://germanwatch.org/de/16437)

Wir erinnern uns: Bei den untersuchten BARF-Proben belief sich der Anteil auf 2 aus 51, macht 3,92%.


Man muss sich also eins klar machen: Der Nachweis von multiresistenten Keimen im Fleisch (unabhängig vom Verwendungszweck) ist nur ein Symptom, dessen Ursachen eigentlich schon lange bekannt sind: Unsachgemäßer Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier, unzureichende oder nicht eingehaltene Hygieneprotokolle in Krankenhäusern / im Gesundheitswesen. Eine lasche Hygiene bei der Fleischverarbeitung kann die Verbreitung selbstverständlich erhöhen, weswegen die Hygiene nicht außer Acht gelassen werden darf. Aber Symtome zu bekämpfen, reicht nie, um die Ursachen in den Griff zu bekommen.


Das Thema MRSA ist aber zu ernst, um einfach Panik zu verbreiten. Hier wäre eine sachliche Auseinandersetzung und eine Sensibilisierung für alle Bereiche, bei der multiresistente Bakterien entstehen oder verbreitet werden, hilfreicher als die unvollständige Wiedergabe einer Studie. Was letztendlich nur dazu führt, dass der Fokus auf eine bestimmte Gruppe gelenkt wird. Und alle, die nicht barfen, das Thema zu den Akten legen. Übrigens haben die Verfasser der Studie bereits mehrere Publikationen zum Thema MRSA im Lebensmittelbereich veröffentlicht - wenn man sich diese mal im Detail anschaut, erkennt man, dass BARF offensichtlich nicht das Hauptproblem bei der Verbreitung von Keimen ist. Und ganz ehrlich: Das alles bekommt man mit ein paar Klicks raus, wenn man sich um halbwegs ernsthafte Recherche und sachliche Darstellung eines Sachverhalts bemüht. 


Studie im Originaltext:  https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.191170#d3e2599